AnnAs Weg
woher komme ich – wohin will ich
Seit mich die Frage beschäftigte, was ich mal mit meinem Leben machen will, was meine Aufgabe im Leben wohl sein kann, war schon immer klar, dass „der Mensch“ eine ganz zentrale Rolle dabei einnehmen wird; dass es der Mensch ist, der mir am Herzen liegt. Welche Ausformungen oder Bereiche das umfassen wird und was dabei das Handwerk sein kann, war mir noch nicht klar.
Menschen zu berühren hat im jugendlichen und jungen Erwachsenenalter dazu geführt, dass ich lernte, was Berührung auslösen kann. Auch habe ich häufig massiert. Dabei konnte ich der klassischen Methode mit Öl nicht so viel Hingabe schenken, da ich den Eindruck hatte, dass das, was ich berühren möchte, tiefer läge, nicht über die Haut und dessen Geschmeidigkeit zugänglich wäre.
Diese Auseinandersetzung geschah zu einem Zeitpunkt, an dem ich mich versuchte in der Welt und der Gesellschaft zu orientieren. Auf der Suche nach einem Platz in dieser Welt war ich voller Wissbegier. Das Arbeiten im sozialen Bereich war schon ausprobiert und entschieden, dass ich trotz sehr positiver Resonanz und Empfehlungen hier keinen Fuß fassen möchte. Psychologie schien mir sehr spannend, aber zu theoretisch. Eine zeitlang fragte ich mich, mich selbst in den Mittelpunkt zu stellen und Kunst zu studieren. Doch auch hier fühlte ich mich nicht richtig. Die Suche nach einer beruflichen Ausbildung im „Massagebereich“ war höchst unbefriedigend, da meine Bedürfnisse und Anforderungen dort nicht erfüllt werden konnten. Über alternative Massagemöglichkeiten war ich noch nicht informiert genug. Nach einer weiteren Such-&Findungsphase entschied ich mich für das Studium der Ethnologie (Politikwissenschaften und Zeitgeschichte), da ich mir hier die Beantwortung von verschiedenen Fragen in Bezug auf den Menschen und sein Sein erhoffte. Diese Hoffnung blieb nicht unbegründet und ich konnte viele Erkenntnisse und Erfahrungen sammeln. Die neuen Fragen, die sich daraus ergaben, wiesen aber die Grenzen der Wissenschaftlichkeit auf.
Zwei entscheidende Dinge fehlten mir hier, oder wurden sogar in Frage gestellt: die Nähe zum Menschen, mit dem man sich eigentlich auseinandersetzen will und die Beschränkung/Einschränkung durch die Reduktion der Sinne und Möglichkeiten (Auge, Objektivität, Schrift, Nachweisbarkeit, Wiederholbarkeit…).
Als ich in diesem Prozess des wieder alles-Hinterfragen stand, stieß ich auf Shiatsu. Eine Freundin sprach von dieser Art der Körperarbeit und erweckte in mir ein großes Interesse. Bevor ich eine Behandlung bekommen hatte, fuhr ich ein paar Monate später zur Infoveranstaltung des ESI-Berlin und hatte von der ersten Berührung an das Gefühl, etwas gefunden zu haben, nachdem ich auf der Suche war. Das Meridiansystem und der energetische Zugang zum Körper schienen mir dieselbe Sprache zu sprechen, wie die Körper, die ich schon oft unter meinen Händen hatte, aber ich es noch nicht verstehen konnte. Die Meridiane bildeten für mein Empfinden ein Gerüst, über welches der Zugang zu Verspannungen, Auffälligkeiten und Problemfeldern möglich ist und auch über sie abgeleitet werden kann. Das war alles so klar und einleuchtend und ich wollte mehr darüber wissen. Für mich war sofort klar, dass ich diese Ausbildung machen muss, weil ich will.
Neben dem Impuls am richtigen Ort bei der richtigen Aufgabe gelandet zu sein, war Shiatsu anfänglich für mich auch die nötige Ergänzung zu meinem wissenschaftlichen Studium, welches ich überlegt hatte abzukürzen. Durch die Inhalte der Ausbildung und von Shiatsu selbst, lernte ich nun wieder bestimmte Bereiche zuzulassen, als wahr und existent zu begreifen, die ich durch meinen persönlichen Lebensweg und durch die Studiums-anforderungen länger beiseite gelegt hatte; nicht mehr wusste ob und wie ich an sie glauben kann. Ich lernte neues Vertrauen zu finden in mein eigenes Spüren und die Intuition. Diese Aspekte stärkten mich sogar rückwirkend, um mein Studium in seiner Gänze zu bewältigen. Auch wenn sich zwischenzeitlich das Blatt gewendet hatte und ich mich fragte, wozu ich jetzt noch das Studium brauche.
Für mich war von Anfang an klar, dass ich diesen Weg des Shiatsu zuende gehen möchte. Auch wenn ich zwischenzeitlich Auszeiten nehmen musste (finanzieller Engpass, zweites Kind und Lebensveränderungen). Berührung ist für mich eine ganz bedeutende Qualität des Lebens und vor allem des MenschSeins, die in unserer Gesellschaft keinen echten Raum findet. Ich bin im Leben immer wieder auf die zwei Extreme von kühler Distanz oder überhitzter Nähe gestoßen. Berührung endlich mal als etwas geben und nehmen zu können, was auch die Seele berührt, berühren darf und Prozesse anstößt und weiterführt, Nähe und Distanz in gleichem und gesundem Maße zu erleben hat mich sehr beeindruckt und belebt. Ich sah plötzlich eine Möglichkeit in die Begegnung mit Menschen zu gehen, ohne mich um sie „kümmern“ zu müssen (wie innerhalb der Arbeit im sozialen Bereich) und ohne ihnen etwas „erklären“ zu müssen (wie es innerhalb der Wissenschaft erforderlich ist).
Schon früh im Leben verspürte ich ein Interesse an begleitendem, therapeutischem Arbeiten, hatte aber auch das Gefühl, mich dabei auszuzehren. Im Leihenhaften Dasein für Andere, merkte ich immer weiderwie mir durch den Fokus auf den Anderen die Verankerung in mir selbst abhanden kam. Eine therapeutische Ausbildung hatte ich jedoch nie in Betracht gezogen, da die bis dahin mir bekannten Wege dazu nicht die Essenz berühren, um die es dabei für mich geht. Hingegen in die Resonanz mit dem Energiesystem zu gehen, ist so einleuchtend wie einfach.
Ich sammelte Erfahrungen im Geben und Nehmen von Shiatsu und war am Anfang vor allem fasziniert von der Wirkung, von dem was ankommt und auch von dem was bleibt. Ich begann zu begreifen, dass hier ganz entscheidende Dinge passieren können, dass Gesundheit vollkommen neu gedacht und beschrieben werden muss, wenn das, was ich hier spüre, gesellschaftliche Relevanz bekäme. Als ich mich wieder wohl in meinem Studium fühlte hatte ich dementsprechend den Impuls aus diesen beiden Richtungen zu zehren, sie zu verbinden und eine Doktorarbeit zu schreiben über „Die Bedeutung der Berührung für die Gesundheit“. Diese Thematik liegt mir zwar bis heute am Herzen, aber der Rahmen einer Doktorarbeit ist in weite Ferne gerückt. Die Kriterien ließen sich mit mir und meinem Verständnis über die Annäherung an die Wahrheit nicht vereinbaren.
Viel mehr Wahrheit als dort, konnte ich neben der Berührung und der Energiemedizin in den angegliederten Feldern der fünf Wandlungsphasen oder der TCM finden. Die hohe Flexibilität machte nach anfänglicher Skepsis trotz Faszination immer mehr Sinn, wenn es eine unbeschreibliche Vielfalt beschreiben können soll. Es muss eine Beschreibung sein, die Energie als Grundlage des Lebens begreift.
Ein weiterer bedeutender Aspekt der mich an der Ausbildung festhalten ließ, war der Zugang zu mir selber. Nicht nur durch die Kurse, sondern allein das ernsthafte Praktizieren von Shiatsu zeigte mir mein Inneres in einer meditativen und bewegten Art, die festigend und zuversichtlich auf mich wirkte. Hierbei spielte es auch eine Rolle, dass es eine Arbeit zu zweit ist (im Gegensatz zum Meditieren). Das lehnen miteinander fühlt sich mitunter an wie ein Tanz. Und es ist immer wieder und immer noch wie ein Geschenk, wenn die Menschen bewegt und berührt nachhause gehen.
Ich wünsche mir sehr einen Weg zu finden, Shiatsu und die Vorstellung des Lebens dahinter in die Gesellschaft zu bringen. Das Bewusstsein dafür zu schärfen, welche Bedeutung Berührung und sich bewegende und verformende Energie für unsere Gesundheit hat. Ich wünsche mir durch zunehmende und weiter verbreitete Praxis auf eine Auflösung des „Hokuspokus“Gehabes hinzuwirken. Und ich möchte Teil davon sein ein Bewusstsein über und ein Spüren von und in sich selbst zu ermöglichen, erfahrbar zu machen und im besten Falle zu etablieren. Nicht zuletzt auch gerade weil ich durch mein Studium (in dem ich mich beim Abschluss ausführlich mit dem (globalen) Gesundheitssystem auseinandersetzte) Einblicke erhalten konnte, wie sich unser Verständnis von Gesundheit und Krankheit historisch und kulturell entwickelt hat.
Entwicklung